Kommentar
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Die BVB-Fans äußern sich in der zweiten Hälfte alles andere als nett über die TSG Hoffenheim und deren Mäzen Dietmar Hopp. Während des ganzen Spiels weht ein Banner mit dem Milliardär im Fadenkreuz und der Aufschrift "Hasta la Vista, Hopp!" im Gästeblock. Auch das ist sicherlich nicht nett, ob es im Fußball-Umfeld einen "Mordaufruf" darstellt, wie im Nachhinein behauptet wird, darf jedoch angezweifelt werden, vielmehr ist wahrscheinlich, daß Dietmar Hopp hier als Symbol für etwas angegegangen wird, was in den Fanszenen der Republik der "Moderne Fußball" genannt wird und den zu bekämpfen man sich häufig auf die Fahnen geschrieben hat. Dietmar Hopp freilich sieht das anders - zu Auswärtsspielen fährt er ohnehin so gut wie nicht mehr, um den Beschimpfungen aus dem Weg zu gehen, und in seiner eigenen Stube will er das erst recht nicht hören - BVB-Präsident Reinhard Rauball hat sich dann auch schon vor Ort für die Ausfälle entschuldigt und nach dem Spiel wurde ein 19jähriger Fan verhaftet, der das Transparent gehalten hatte - gegen ihn soll es eine Strafanzeige von Hopp geben, angeblich wegen Beleidigung.
Beleidigungen aber gehören im Fußball dazu, sind quasi ein wenn auch etwas unflätiges Spiel mit Grenzen und Provaktionen, deren Opfer oft Schiedsrichter sind, teils auch pofilierte Funktionäre wie Uli Hoeneß oder umstrittene (Ex-)Spieler wie Andreas Möller, Lothar Matthäus, Oliver Kahn oder - beim BVB-Anhang besonders unbeliebt - Gerald Asamoah. Strafanzeigen hat es deshalb noch nie gegeben, es wird runtergeschluckt, mal mit einer flapsigen Bemerkung bedacht oder auch schon mal einer abfälligen Handbewegung in Richtung auf die Rufer.
Im Falle Dietmar Hopps soll jetzt alles anders ein, inzwischen wurde sogar eine Lex Hopp vom BVB verkündet, die es verbietet, den Ex-SAP-Chef zu beleidigen. Wohl gemerkt nur ihn - den gegnerischen Torwart darf man weiter als "Arschloch, Wichser, Hurensohn" betiteln, wenn er abschlägt, ein "Schiri, Du Arschloch!" wird nirgendwo erwähnt und ein auf den Schiedsrichter bezogenes "Hängt Ihn auf, die schwarze (oder inzwischen auch schonmal gelbe, grüne oder orange) Sau!" ist kein echter Gewaltaufruf.
Da muß die Frage erlaubt sein, was einen Dietmar Hopp über die anderen genannten Personen heraushebt. Ist es sein Geld, ist es seine Bedeutung für den Deutschen Fußball oder ist es sein besondere Empfindlichkeit den Sprüchen gegenüber.
Wie auch immer stellt sich die Frage, ob man sich hier einen Gefallen tut. Den Fans, die Dietmar Hopp letztendlich vorwerfen, einen Fußballclub am Marionettenband zu führen, könnte so der Eindruck entstehen, daß jetzt der ganze DFB springt, wenn Hopp mit der Peitsche knallt. Kann das in seinem Sinne sein? Die Anhänger werden - und das kann als sicher gelten - Möglichkeiten finden, ihren Unmut zu äußern, ohne das es bestraft werden kann, denn Fußballfans sind intelligent, kreativ und manchmal halt auch etwas gemein - zumindest trifft das auf genug davon zu, daß die, die diese Eigenschaften nicht haben, etwas bekommen, wobei sie mitsingen können. Wer weiß, vielleicht schallt ja schon bald "Auf geht's, Dietmar, filmen und klagen!" durch das Carl-Benz-Stadion in Mannheim und woran will man dann eine Bestrafung festmachen?
Es spricht einiges dafür, daß Hopp besser beraten wäre, wenn er bei verbalen Entgleisungen - und darum handelte es sich beim besagten Spiel, wie an dieser Stelle gar nicht beschönigt werden soll - weghört und sich allgemein ein dickeres Fell zulegt. Schließlich wird auch er nicht von den Gästefans verklagt, wenn er sie nach dem Spiel als "Kleingeister" und "Idioten" bezeichnet.
Beim DFB dagegen sollte man sich Gedanken darüber machen, daß Regeln immer für alle gelten sollten. Wenn Hopp in Zukunft mit Samthandschuhen anzufassen ist, sollte das doch auch für Schiedsrichter, Spieler, andere Vereinsfunktionäre und auch die gegenerischen Fans gelten und alle beleidigenden Sprechchöre und Transparente müßten bestrafungswürdig sein. Da stellt sich die Frage "Wollen wir das?" - Wir von groundhopping.de wollen es auf jeden Fall nicht, freuen uns lieber über die kreative Art, auf die Fußballfans sich gegenseitig und Dritte oft beleidigen und hören bei plumpem Gepöbel wie dem vom besagten Spiel einfach auch mal weg.
Da halten wir es dann doch etwas abgewandelt mit Voltaire, dessen bekanntes Zitat "Du bist anderer Meinung als ich und ich werde dein Recht dazu bis in den Tod verteidigen" wir etwas abwandeln wollen und in Fußballsprache übersetzen: "Wenn Du Arschloch mich Wichser nennest, finde ich das Scheiße, aber ich setze mich dafür ein, daß Du Drecksack das auch weiter darfst!".
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