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FT Dützen |
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Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen |
Weserbergland Syndrom Inferno Paderborn |
10.09.2003, Weserstadion Minden, Verbandspokal Westfalen |
"Die Freie Turnerschaft Dützen ist ein im westlichen Stadtgebiet von Minden (Westfalen) ansässiger Sportverein mit ca. 500 Mitgliedern (davon über 240 Kinder & Jugendliche)."
So wird der Besucher auf der Homepage der heutigen Hausherren empfangen und schnell darauf hingewiesen, daß man sich beim FTD eher dem Breitensport als dem Leistungssport zugewandt hat. Dennoch spielt die höchste Vertretung der Abteilung Seniorenfußball der Turnerschaft immerhin in der Landesliga und hat heute in der Qualifikation zur ersten Runde im Verbandspokal in Form des Regionalligisten vom SC Paderborn sogar renommierten Besuch in der Stadt am äußersten Ostzipfel Westfalens. Auf der Homepage des Clubs findet sich übrignens auch ein sehr interessanter und ausführlicher Überblick über die Vereinsgeschichte, den wiederzugeben hier zu weit führen würde. Unter anderem ist dort zu lesen, daß der 1897 gegründete Männer-Turnverein Jahn Dützen nach der Gründung der konservativen und kaisertreuen Deutschen Turnerschaft beitrat, auf Druck der eher proletarisch geprägten Mitgliederschaft später aber zum Arbeiter Turn- und Sportbund wechselte und die Geschichte der Vereinsfarbe, die von 1933 bis 1945 vor den Nazis versteckt wurde, den Krieg so überstand, später aber bei Renovierungsarbeiten verschmutzt wurde und eine gute Dekade bis zu ihrer Restaurierung im Jahr 1992 warten mußte.
Favorit am heutigen Tag sind natürlich die Gäste, die in der Regionalliga Nord sehr gut aus den
Startlöchern gekommen sind und mit 14 Punkten aus sechs Spielen zur Spitzengruppe ihrer Liga gehören. Sie übernehmen auch sofort das Kommando und kommen schon nach guten fünf Minuten zum Führungstreffen. Danach spulen die Paderborner eher ein Pflichtprogramm ab, so daß es nicht mehr über allzuviele Chancen zu berichten gibt, wobei es eine Rolle spielen mag, daß der ohne Unterbrechung strömende Regen nicht gerade zur Steigerung der Spielfreude der Kicker beitragen wird. Fünf Minuten vor der Pause besinnt sich der SCP dann noch mal kurz auf seine Offensivstärken und erhöht auf das wohl schon spielentscheidende 0:2. Nach der Unterbrechung kommt es dann zu einem Treffer für die Freie Turnerschaft, der den Mindenern nochmal neue Hoffnung gibt, aber auch im weiteren Verlauf des Spiels kann man nicht unbedingt davon sprechen, daß Dützen den immerhin drei Klassen höher spielenden Gegner unter Druck zu setzen vermag. Der könnte in der 70. Minute den alten Abstand wieder herstellen, doch Routinier Sergej Donkov setzt einen Foulfelfmeter nicht in die Maschen, sondern gegen den Pfosten des FTD-Tors. Kurz vor Schluß fällt dann doch noch das 1:3, das den SC Paderborn im Westfalenpokal weiter und den Universitätsstädtern gleich zu Beginn ein Derby beim SC Verl bringt.
Der Besuch der Pokalpartie muß doch als sehr dürftig bezeichnet werden, wozu gleich mehrere Faktoren
beitragen mögen. Da ist zum einen der bereits erwähnte Dauerregen, der sicherlich dazu führt, daß der eine oder andere potentielle Zuschauer lieber daheim bleibt und mancher vielleicht sogar von einem Spielabbruch ausgehen mag. Dann ist die Terminierung einer solchen Pokalpartie in Konkurrenz zu einem Qualifikationsspiel zur Europameisterschaft, das die DFB-Auswahl im nur gut 150 km entfernten Dortmund gegen Schottland austrägt, sicherlich etwas unglücklich - so sollen viele Fans der Gäste zum Länderspiel gefahren sein, statt sich nach Dützen zu begeben, die an einem anderen Termin sicher gekommen wären. Zuletzt mag noch erwähnt werden, daß man von der eigenen Anlage ins Stadion von Union Minden umgezogen ist und derartige Umzüge werden von den Anhängern der Heimmannschaft meistens nicht gerade begrüßt. Auch Support gibt es nicht mal ansatzweise, wenn man mal davon absieht, daß einer der Gästefans, die trotz allem vor Ort sind, zum Intro der zweiten Hälfte einen einsamen Doppelhalter in die Höhe streckt.
Das Weserstadion Minden ist für einen Landesligisten - in dieser Spielklasse kicken auch die Hausherren von Union -
deutlich überdimensioniert. Es verfügt über einen Komplettausbau, der auf drei Seiten aus Stehtraversen besteht, die dem Oval der Laufbahn folgen. Eine Längsseite verfügt über eine Tribüne, die über mehr als die volle Spielfeldbreite geht und mit roten Schalensitzen ausgestattet ist. In der Mitte trägt die Überdachung, die angesichts des Wetters dazu führt, daß sich alle Zuschauer im Tribünenbereich aufhalten, noch eine Sprecherkabine. Ein Seitenbereich der Anlage ist zu Beginn des Jahrens einer Brandstiftung von unbekannter Hand zum Opfer gefallen und ist zur Zeit notdürftig mit Bauband abgesperrt. Ein komplette Block wurde Opfer der Flammen und muß inklusive der auf zwei Reihen von Stützpfeilern ruhenden Holzdachkonstruktion neu aufgebaut werden und an den Schalensitzen kann man die Wirkung verschiedener Hitzegrade auf Plastik studieren. Im äußersten Bereich ist vom Plastik nichts mehr zu sehen und es gibt nur noch die nackte Metallgerüstkonstruktion, weiter nach innen hin gibt es diverse Zustände von im Wegfließen erstarrtem Plastik, bevor ein Bereich folgt, in dem die Sitze "nur" Blasen geworfen haben. Die Schuld dafür, daß der Zustand noch mehr als ein halbes Jahr nach dem Feuer noch so ist wie beschrieben, schieben sich übrigens Stadt Minden und die Versicherung der Anlage gegenseitig zu, wobei der Streitpunkt ist, wann der Versicherer eine Deckungszusage für den Schaden gegeben hat - jetzt soll die Renovierung jedenfalls kurz bevorstehen.
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Im Internet zirkuliert übrigens noch eine andere Version über die Verschiebung: die Tribüne steht unter Denkmalschutz und ließe sich demzufolge nicht so einfach renovieren. Diese Variante stammt wohl von einem Ordner von Union Minden, ist jedoch freilich weder sonderlich schlüssig - als Folge von Denkmalschutz dürfen zwar keine sichtbaren Veränderungen vorgenommen werden, Renovierungsmaßnahmen sind davon jedoch unberührt - noch läßt sie sich anhand von Presseberichten in regionalen Zeitungen belegen, zu denen man per Internet-Recherche finden kann. Als Beispiel sei hier auf einen Artikel von mt-online verwiesen, in dem ausführlich auf die Verzögerung bei der Vergabe des Auftrages eingegangen wird und der wohl als hinreichender Beleg dienen kann, daß die Denkmalschutz-Variante eher im Reich der Fabeln anzusiedeln ist. Tatsache ist allerdings, daß der Denkmalschutz dazu führt, daß die Kosten der Renovierung eine Höhe von 150000 bis 20000 Euro erreichen, da der ursprüngliche Zustand der Tribüne zwingend wiederhergestellt werden muß und kostengünstigere Varianten verboten sind. Auch hierzu weiß das Mindener Tagblatt zu berichten.
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