Botafogo FR |
maps.google.de wikipedia |
CFB kicker.de |
wikipedia |
11.09.2013, Estádio do Maracanã, Campionato Brasileiro Série A |
Am 12.8.1904 wurde im gleichnamigen Stadtteil von Rio de Janeiro der Electro Club gegründet, der sich
bald in Botafogo Football Club umbenennen sollte, aber erst seit 1942 existiert der Club in seiner
heutigen Form als Botafogo de Futebol e Regatas - damals taten sich die Fußballer mit dem zehn Jahre
älteren Ruderclub Clube de Regatas Botafogo zusammen. 1962 wurde man erstmals Brasiliansicher Meister, und
bis 1995 sollten vier weitere Titel hinzukommen. Die Stadtmeisterschaft Rio de Janeiros konnte
Botafogo gleich 19-mal für sich entscheiden, dazu kommt ein Titel im Copa Conmebol von 1993, nur der
Gewinn der Copa Libertadores blieb den Gastgebern bislang versagt. Das bedeutete bis vor zwei Jahren
eine Gemeinsamkeit mit den heute aus São Paulo angereisten Corinthians - eine weitere ist zumindest
in der Aufnahme des aktuellen Moments,
daß auch die Corinthians bislang fünfmal Meister wurden - zum Großteil nach der Aera Botafogos, nämlich von
1990 bis 2011 - und 2012 klappte es dann auch endlich mit dem Gewinn in der Copa Libertadores. Heute trifft
man sich zum Spitzenspiel der Runde, wenn man von der aktuellen Tabelle ausgeht, denn Botafogo ist auf Platz
zwei mit vier Punkten Rückstand der heißeste Verfolger von Tabellenführer Cruzeiro, die Corinthians
kommen immerhin als Tabellenfünter nach Rio.
Es zeigt sich schnell, daß Botafogo heute unbedingt die Punkte haben will, während die Gäste hinten
drin stehen, die Null halten wollen und sich vorne auf ihr Glück verlassen. Nach 15 Minuten ergibt das
eine Riesenchance für die Hausherren, für die Clarence Seedorf nach einer Körpertäuschung frei vor dem
Tor auftaucht, aber das Kunststück fertigbringt, den auf der Linie stehenden Paulo Andre anzuschießen.
Botafogo bleibt überlegen, aber weitere Chancen dieser Größenordnung kommen nicht dabei heraus, und
so geht es mit einem 0:0 in die Halbzeitpause, nach der sich ein unverändertes Bild ergibt. Die Gastgeber
rennen weiter vergeblich an und dürften noch das eine oder andere Mal an die vertane Chance von Seedorf
denken, die Zeit beginnt ihnen wegzulaufen. Man verkrampft immer mehr, wobei Botafogo überhaupt wenig
variabel kickt und meistens über die rechte Angriffsseite kommt. Schließlich zeigt die Uhr das Ende der
regulären Spielzeit an, man ist sogar drei Minuten darüber hinaus, und alles rechnet mit Schlußpfiff und
Punkteteilung, als die Corinthians einen ihrer wenigen Angriffe starten, das Leder verlieren und paradoxerweise
in einem extrem defensiv geführten Match ausgekontert werden. Botafogo spielt schnell hinten raus, der
Ball kommt zum nach der Halbzeitpause eingewechselten Hyuri, der ihn bis zur Strafraumgrenze führt und
vorbei am herauseilenden Corinthians-Goalie Cássio ins Toreck schlenzt.
Bei der heutigen Partie zeigt sich einmal mehr, daß man in Brasilien die Ruhe weg hat. Kurz vor Anpfiff der
Partie stehen noch lange Schlangen an den Kassenhäuschen und vor allen Eingängen des Stadions, wo die Abfertigung
quälend langsam vor sich geht, sich aber niemand da ___---------------------rüber aufregt, daß er/sie voraussichtlich gerade einmal zur
Halbzeitpause im Stadion sein wird - sollte man diese Tradition auch während der WM pflegen, sind chaotische
Zustände vorprogrammiert! Unterdessen sorgt man vor allem in den Kurven für Support, während die Längsseiten
des Stadions ohnehin nur spärlich besetzt sind. Beide Seiten haben vor allem Schwenkfahnen mitgebracht, um
ihr Team auch optisch zu unterstützen und sorgen ansonsten mit Sambatrommeln und Gesängen für Leben in der
Bude. Den Höhepunkt erreicht die Stimmung bei den Heimfans natürlich, als man doch noch zu den unverhofften
drei Punkten kommt und es damit klar ist, daß es Botafogo nicht zugelassen hat, daß Cruzeiro mit dem eigenen
2:1-Gewinn bei Goiás den Abstand auf die heutigen Hausherren vergrößert.
Offiziell heißt das Stadion, in dem mit Botafogo, Flamengo und Fluminense gleich drei der großen Clubs
Rio de Janeiros ihre Heimspiele austragen, Estádio Jornalista Mário Filho, aber bekannt ist die Spielstätte als Estádio
do Maracanã oder einfach nur Maracanã, und unter diesem Namen hat sie auch ihren Mythos. Fast jeder Fußballfan
dürfte davon träumen, einmal dieses Stadion von innen zu sehen, in dem zum Beispiel 1950 die Nationalmannschaft
Brasiliens vor 200000 fassungslosen Menschen mit einem 1:2 gegen Uruguay den WM-Titel verspielte, nachdem sie
zuvor das Turnier nach Belieben dominiert hatte. Als 1992 durch den Einsturz einer Tribüne drei Menschen
starben und über 50 verletzt wurden, wurde mit der Umwandlung in einen Allseater reagiert, wodurch ihre
Kapazität drastisch reduziert wurde. Ab 2000 wurde sie erneut renoviert, das Fassungssvermögen sank während der langjährigen Arbeiten
zwischenzeitlich sogar auf 44000 Plätze, bevor das Maracanã 2007 mit 82238 Plätzen wiedereröffnet wurde, nur um drei
Jahre später ganz geschlossen und komplett umgebaut zu werden, um es für die Weltmeisterschaft 2014 fit zu
machen, bei der hier sowohl das Eröffungs- als auch das Endspiel stattfinden soll - danach wird das Stadion für
die Olympischen Spiele 2016 eingesetzt werden. Herausgekommen ist eine von außen durch die Beleuchtung an ein
UFO erinnernde, moderne Arena; die rundum dreistöckig ist, wobei die Oberränge von außen über hunderte Meter lange
Rampen erklettert werden. Ein Unfall wie 1992 ist hier glücklicherweise sicherlich nicht mehr denkbar, aber leider hat das
Marcanã - und das ist die Kehrseite der Medaillie - bei den vielen Erneuerungsmaßnahmen
auch den Großteil seiner Atmosphäre verloren. Es ist rundum mit Klappsitzen ausgestattet, die ein (etwas
unregelmäßiges) Wellenmuster aus gelb, blau und weiß bilden, was ein wenig an eine größere Version des
Zentralstadions von Leipzig erinnert, bei der die dortigen Wellen gebrochen sind. Objektiv gibt es deutlich
schönere Stadien in Brasilien, aber der Mythos des Estádio do Maracanã wird sicherlich trotzdem erhalten bleiben,
so lange es an dieser Stelle steht, und das sollte angesichts der Tatsache, daß es 1998 als nationales Wahrzeichen
eingestuft wurde, was einem Abrißverbot gleichkommt, für immer sein.
|